Warum ich Euch das erzähle? Weil ich gestern „fürs Glas“ gekocht habe. Ursprünglich wollte ich mit diesem Gericht an dem Koch-Blog-Event „food & glas“ teilnehmen, das von Chaosqueen ausgerufen worden war.
Dann war aber in den letzten Tagen keine Zeit dafür und ich war womöglich nervlich auch nicht in der besten aller Lagen um allzu viel mit mir und der Welt sonst anzufangen. Wie blöd ist das denn bitte, wenn man das Gefühl nicht los wird, es sollte einem langsam wieder besser gehen, dabei geht es einem stattdessen aber immer schlechter?! Ich möchte jetzt bitteschön aus dem grauen Schleier meiner Selbst ausbrechen und die Starre besiegen und irgendwie wieder mittendrin und mitdabei sein im Leben statt nur daneben zu sitzen und zurückzuschauen auf irgendwelche Szenen, und Worte und Fragen, nicht wissend was ich jetzt damit anfangen soll weil, hey, eh zu spät, eh vorbei, und überhaupt. Wie me-lo-dra-ma-tisch, nicht? Ich könnt mich glatt selbst in den Arm nehmen.
Wie dem auch sei. Ich habe fürs Glas gekocht, und dann in letzter Sekunde dann doch auf dem Teller angerichtet. Verstehe mich einer, ey...
Okay, Montagabend also, und ich habe etwas gekocht, was vielleicht ein wenig mit Rumgepose zu tun hat, mit Spielerei eben... aber habt Ihr nicht auch manchmal Bock auf? Na also...
Kommt Ihr spielen?
Kochen mit dem Kopf - ich liebe diesen Prozess ja. Sich so Zeugs auszudenken, um dann zu testen ob die erdachten Geschmackskombinationen tatsächlich überhaupt schmecken oder ob man jetzt glatt das gar-nicht-mal-so-billige Rinderfilet besser in die Tonne hauen soll. Spannend!
Ich wollte also „irgendwas“ kochen, was man in einem Glas hätte servieren können. Dabei stand bei mir erstmal nur ein Kopfbild im Raum: Rosa gebratene, dahin blutende, Fleischspänne und Bohnenpüree. Mehr wusste ich nicht. Also saß ich neulich sonntags im Auto und wartete auf einen fleißig arbeitenden Herrn K., Notizbuch in der Hand, und habe am Rest gebastelt.
Das Ergebnis nenne ich „Bauernfest“ (ja, sorry, ich hab auch mal einen großkotzigen Tag). Es besteht aus einem
Ich weiß: Klingt... UFERLOS.
Die Verschwörungstheoretiker unter Euch werden es lieben: In meinem Glas hätten 23 Zutaten (in Worten: DREIUNDZWANZIG) drin sein sollen. Das ist kein Gericht, das ist ein ganzes Menü. Nur eben im Mini-Format.
Ob es schmeckt? Ob es sich gut ausm Glas essen lässt? Ob ich das hübsch in Schichten angerichtet bekomme? Ob der Herr K. mich nach so einer Nummer einweisen lässt? Ich musste es probieren oder ich wäre geplatzt.
Zutaten:
schwarzes rotes Püree
- 1 Handvoll schwarze Bohnen
- 1 Birne (geschält)
- Wasser
- 1 kl. Zwiebel
- Olivenöl
- Salz
weißes Püree
- 200 g Wurzelpetersilie
- 250 g Kartoffeln
- optional: Ingwer
- 250 ml Geflügelbrühe
- 150 ml Sahne
- ein paar Flöckchen Butter
- Muskat
- Salz
Fleisch
- 250 g Rinderfilet
- bunte zerstoßene Pfefferkörner
- Saft einer halben Orange
- Salz
- 1 TL Honig
- Kräuter (Majoran, Thymian, Rosmarin)
- optional: Speckwürfelchen und Brotwürfelchen (um daraus Speck-Croutons zu machen)
Wie es gemacht wird:
Am Vortag geben wir die Bohnen in eine Schüssel mit Wasser und lassen sie über Nacht einweichen. Am nächsten Tag werden die Bohnen, zusammen mit Birnenspalten und einer grob zerstückelten kleinen Zwiebel in Wasser (Verhältnis Bohnen-Wasser ist 1-2) mit einem Schuss Olivenöl gekocht bis sie durch sind (Kochdauer liegt irgendwo zwischen 1'5 und 2 Stunden). Wir nehmen jedenfalls nicht das Wasser in dem die Bohnen zum einweichen lagen, sondern frisches. Achtung: Gesalzen werden die Bohnen erst ganz am Schluss! Sonst kochen die nicht richtig. Wenn die Bohnen fertig sind, werden sie mit dem Stabmixer zu (einem relativ trockenen bzw. festen) Püree verarbeitet. Wir legen das dann beiseite.
Für das Rezept des Wurzelpetersilienpürees habe ich mir beim GU-Buch „Vorspeisen & Fingerfood„ (Teil der Brigitte-Kochbuch-Edition) Inspiration geholt, wo auf Seite 43 so ein Püree zu Jakobsmuscheln serviert wird. Ich habe dem Brigitte-Rezept lediglich die Kartoffeln hinzugefügt. Ursprünglich wollte ich zu dem weißen Püree auch ein wenig geriebenen Ingwer geben, um eine kontrastreichere Note zu den süßen Bohnen zu erzeugen – das habe ich dann allerdings in der Hitze des Gefechts vergessen. Vermisst haben wir diese Ingwer-Note dann gar nicht, die Wurzeln sind schon würzig genug.
Jedenfalls: Die Wurzelpetersilie und die Kartoffeln werden geschält und gewürfelt. In einem Topf bringen wir die Brühe und die Sahne zum kochen und fügen die Wurzelpetersilie und die Kartoffeln hinzu. Es wird ca. 15 Minuten lang gekocht. Anschließend wird alles püriert und mit gebräunter Butter gemischt und mit Salz & Muskat gewürzt. Dieses Püree wird ebenso beiseite gelegt.
Das Rinderfilet wird in Zylinder geschnitten aus denen wir später kleine Scheiben schneiden können. In einem aus Backpapier gebastelten Umschlag/Päckchen legen wir die Fleischzylinder, bepinselt mit einer Mischung aus Orangensaft, ein TL Akazienhonig und frisch zerstoßenen Pfefferkörner, zusammen mit ein paar Butterflocken und ein paar Prisen Kräuter (nach gusto: Majoran, Rosmarin, Thymian oder so). Päckchen zumachen (zu Not mit Hilfe von Zahnstochern) und ab in den Ofen bei ca. 180-200 Grad mitsamt Bratenthermometer. Bei uns zeigte das Fleisch nach ca. 15 Minuten die gewünschte Innentemperatur von ca. 63 Grad an.
Was ich sonst noch vorhatte, dann doch aber nicht mehr tat: Während das Fleisch im Ofen weilte, wollte ich in einer Pfanne ein bisschen Brotkrümme zusammen mit Speckwürfeln braten, bis alles schön kross ist. Gut, diese krossen Brot-Speck-Croutons muss ich nächstes Mal unbedingt dazu machen. Ich liebe Croutons ja!
Zum Anrichten, so war zumindest der Plan: 1-3 EL Bohnenpüree ins Glas geben, mit einigen „Speck-Croutons“ zudecken. Auf diese käme eine Schicht Wurzelpetersilienpüree. Erneut mit Croutons zudecken. Darauf 2-3 Scheibchen Rinderfilet legen und mit der Bratensauce vorsichtig dekorieren. Das Bauernfest-Glas sollte dann zusammen mit einer kleinen Dessert-Gabel serviert werden.
Wie de facto angerichtet wurde: Auf dem Teller, mit Hilfe von zwei unterschiedlich großen Servier-Ringen. Aber vom Prinzip her so, wie ich es mit dem Glas auch gemacht hätte. In Schichten. Sah sehr hübsch aus (obwohl ich an der Festigkeit des weißen Pürees noch ein wenig arbeiten muss, war fast zu flüssig).
Das Ergebnis: Huiuiui und boah ey! Gefällt. Sehr. Passt. Ist jenommen. Kennt Ihr diesen Film („Liebe hat zwei Gesichter“ heißt er in Deutschland) mit Barbra Streisand und Jeff Bridges? Wo sie immer die Gabel voll lädt mit allen möglichen Sachen um den perfekten Biss zu kreieren? Gut, so ein perfekt-perfekter-Biss war das nicht (es fehlten die Croutons, hihi). Aber lecker war es. Alter Schwede!
Das weiße Püree war definitiv die Entdeckung des Abends. Wirklich sehr gut. Bei dem Bohnenpüree (das ich ja aus meiner Kindheit kenne, allerdings ohne Birne) bin ich nicht sicher, ob ich die richtige Menge Birne dazu gegeben habe. Es war sehr lecker, die süßliche Note fiel aber eher zu dezent aus, fast unmerklich. Ein bisschen mehr hätte, glaube ich, nicht geschadet. Das Fleisch war natürlich ein Traum. Das wusste ich aber ja schon im Vorfeld, denn die Orangensaft-Honig-Pfeffer-Idee hatte ich mir ja schon neulich am Verliebtentag zurecht geschustert und schon da waren wir vom Ergebnis begeistert gewesen.
Also doch. Kann man machen.
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