13.02.2009

Pain à l'ancienne (ein rustikaler Baguette-Traum)


Ich kann nicht anders, ich kann es wirklich nicht lassen, da muss ich heute wieder ein Brot hier reinstellen... das Brotbackfieber hat mich derart gepackt, was soll ich sagen... ich backe im Moment wie ein Berserker.

Und ja: Wieder mal ist es ein Rezept aus dem "Bread Baker's Apprentice"(von Peter Reinhart), das ich nachgebacken habe. Und es ist auch das Brot, was uns aus dem Buch bisher am Besten geschmeckt hat. Der Hammer. Ein Traum in "rustikal"... Deshalb ist dieses Brot "à l'ancienne" bei uns mittlerweile zum festen Wochenend-Ritual geworden.

Es ist unfassbar, dass ein so einfaches Rezept (mit so wenigen Zutaten) etwas derart Geschmacksintensives hergeben kann. Das ist das, was ich am Kochen liebe! Und ich weiß ja nicht wie es Euch so geht, aber ich bin ein großer Brotesser (weil Tunken mein Lieblingssport ist), und diese Baguettes sind sowieso so lecker (pur, ohne alles), dass man sie meist versehentlich aufgegessen hat ehe das dazu-geplante Abendessen auf den Tisch kommt.

Das Geheimnis dieses Brots liegt wohl daran, dass der Teig mit eiskaltem Wasser zubereitet wird und seine erste Nacht im Kühlschrank verbringt. Das verlangsamt die Gärung der Hefe extrem, so dass in der Zeit der Weizen viel besser in der Lage ist, seinen Geschmack zu entfalten. Fragt mich nicht genau, aber da sind bestimmte chemische Prozesse im Spiel (ja ja, im Brotteig stecken Enzyme, welche die Getreide-eigene Stärke in Zucker umwandeln – ein Faszinosum), jedenfalls ist das Ergebnis: „Peng! Geschmacksexplosion!“...

Ganz egal ob Ihr auch Chemie-Idioten seid, wie ich, oder nicht: Ich warne Euch, irgendwie macht dieses Brot doch ein wenig süchtig. Weiterlesen also nur auf eigene Gefahr!

Zutaten (ergibt entweder 3 recht dünne Baguettes oder 2 größere):

  • 380-382 g Weizenmehl Type 550
  • etwa 8 g Salz
  • ca. 3 – 3'5 g Hefe (Trockenhefe in Pulverform: ein halbes Tütchen)
  • 270 g Wasser (Wichtig!: es soll eiskalt s ein, bei ca. 4º C)
  • etwas Maisgrieß oder Maismehl um das Backblech zu bestäuben

Wie es gemacht wird:

Vorneweg: Die Zubereitung dieser Baguettes benötigt 2 Tage (fast ausschließlich Wartezeit, der tatsächliche Arbeitsaufwand ist minimal)...

Weil der Teig für dieses Brot recht klebrig ist, ist es einfacher, ihn mit einer Maschine zu mixen/kneten. Der Teig lässt sich aber laut Originalrezept auch per Hand kneten. Hierfür werden die Zutaten in einer großen Schüssel mit Hilfe eines großen Löffels zusammen gemischt (siehe Bild unten), dann mit dem Löffel oder per Hand geknetet... Ich gestehe: Bei mir knetet die Küchenmaschine.


Das Bild stammt aus dem Buch „The Bread Baker's Apprentice“, auf Seite 56 finden sich Hinweise fürs Handkneten...

Egal ob Ihr per Hand oder mit einem Mixer knetet, die Vorgehensweise ist wie folgt: Alle Zutaten in die Schüssel geben und gut vermischen (maschinell: ca. 2 Min. auf niedriger Stufe mit dem Rühr-/Mix-Besen kneten), dann in der Schüssel weiter per Hand oder mit einem Löffel kneten (oder mit der Maschine 5-6 Minuten auf mittlerer Stufe mit dem Knethaken verarbeiten). Es kann sein, dass wir die Mehl- oder Wassermenge in diesem zweiten Knet-Schritt anpassen müssen: Der Teig sollte sich einigermaßen gut von den Schüsselwänden lösen, am Boden aber immer noch kleben. Löst er sich also nicht von der Wand, sollten wir etwas Mehl dazu geben. Klebt er nicht mehr am Boden, fügen wir ein wenig Wasser hinzu... So oder so wird der Teig recht „flüssig“ und klebrig sein. Sollte er zumindest.






Wir ölen eine große Schüssel leicht ein (mit Ölspray oder mit dem Pinsel) und geben den Teig hinein (zur Hilfe nehmen wir einen kurz in Wasser getauchten Teigschaber). Wir besprühen die Teigoberfläche mit Öl oder bepinseln sie und decken die Schüssel mit Frischhaltefolie zu. Wir stellen die Schüssel mit dem Teig sofort in den Kühlschrank, dort soll sie über Nacht bleiben. Alternativ könnt Ihr die Schüssel über Nacht auf den Balkon stellen (habe ich ein paar Mal ausprobiert mit sehr gutem Ergebnis), zumindest solange die Temperaturen draußen so kalt sind...

Am nächsten Tag nehmt Ihr den Teig aus dem Kühlschrank und lasst ihn bei Raumtemperatur etwa 2 bis 4 Stunden gehen, etwa bis sich sein Volumen verdoppelt hat. Ich habe in den letzten Wochen die Erfahrung gemacht, dass der Teig, wenn er die Nacht im Kühlschrank verbracht hat, gut in 2 bis 3 Stunden wächst und sich verdoppelt... wenn er aber über Nacht auf dem Balkon war, ist mein Teig dann auch nach 4 Stunden kaum gegangen, das Brot hat aber in diesen Fällen einen intensiveren Geschmack gehabt... Macht Euch also nicht allzu viele Sorgen, wenn der Teig nicht sichtbar wächst. Nach 3 oder 3'5 Stunden würde ich ihn einfach für „fertig“ erklären, auch wenn sich wenig am Volumen geändert hat.

Nach dieser Zeit solltet Ihr anfangen, den Backofen vorzubereiten: Vorheizen auf 260 Grad (sogar 280º wenn euer Ofen so viel erreicht), dabei ein robustes Backbleck auf der obersten (oder untersten) Schiene mit warm werden lassen...

Nun wird die Arbeitsfläche ordentlich mit Mehl ausgelegt (etwa 50-60 g sollten es schon sein). Wir geben den Teig vorsichtig darauf (wieder kommt uns zu Not ein leicht genässter Teigschaber gut zur Hilfe) und versuchen ihm so wenig Luft wie möglich wegzunehmen (Luft=Gas=die Bläschen im Teig, die sind für die Porung der Brotkrumme zuständig). Mit bemehlten Händen schieben wir den Teig hin und her im Mehl bis er gleichmäßig bedeckt ist. Wir formen aus dem Teig ein Rechteck (ca. 20 x 15 cm.).

Mit einem Schaber oder Bratenwender aus Metall, den wir bei Bedarf immer wieder in kaltes Wasser tauchen (damit der Teig nicht daran klebt), schneiden wir nun den Teig in, nach Gusto, 2 oder 3 Stücken: Zum Schneiden drücken wir den Schaber/Wender durch den Teig und ziehen dann die abgetrennten Teile vorsichtig auseinander – wir sollen aber Messer-artiges hin und her „Gerücke“ vermeiden! Ich hatte anfangs die 3-Baguettes-Variante ausprobiert, die einzelnen Stangen werden aber dadurch kleiner und flacher und das Brot hat dann sehr wenig Krumme (was auch nicht schlimm ist). Mittlerweile finde ich es besser, aus dem Teig nur 2 Baguettes zu formen, die Größe und das Krumme-Kruste-Verhältnis gefallen mir so besser.

Nach dem Schneiden lassen wir den Teig 5 Minuten ruhen – er soll sich von den Strapazen erholen.

Wir legen ein Backblech mit Backpapier aus und bestäuben es leicht mit Maisgrieß oder Maismehl. Wir bemehlen unsere Hände erneut und übertragen unsere 2 oder 3 Teigstreifen auf das Backblech, indem wir die Hände unter beide Enden eines Streifens schieben und ihn so vorsichtig anheben. Wenn nötig ziehen wir jeden Teigstreifen dabei auf die Länge unseres Backblechs. Wir sollten aufpassen, dass sich die Streifen nicht berühren.

Wenn der Teig dies halbwegs zulässt: Mit einem in Wasser getauchten scharfen (Säge)Messer machen wir 3 schräge Einschnitte (nicht zu tief) in jedes Baguette. Wenn Ihr Euch jetzt fragt “wozu?”... denkt einfach kurz darüber nach, wie ein Baguette aussieht und, dann, ach, glaubt mir einfach dass die einen guten Grund haben... :-)


Das Backblech mit den Baguettes schieben wir nun in die mittlere Schiene des vorgeheizten Backofens. Nun füllen wir eine kleine Tasse heißes Wasser in das Backblech, das wir die ganze Zeit (oben oder unten) mit aufgewärmt haben (Achtung: Es entsteht Dampf, was wichtig für das Backen ist, aber auch gefährlich werden kann... also vorsichtig sein! Und wer seine Glasbackofentür liebt, deckt diese vorsichtshalber dabei mit einem trockenen Tuch zu – ich habe mir sagen lassen, dass heimtückisch tröpfelndes Wasser diese Glasscheiben im Nu zerplatzen lässt...). Wir schließen die Ofentür sofort. Nach 30 Sekunden machen wir die Ofentür wieder auf und bespritzen die Backofenwände mit einer Sprühflasche (so eine wie wir sie alle für unsere Pflanzen rumliegen haben) voller Wasser und schließen wieder. Das Wände-Bespritzen wiederholen wir noch ein, zwei Mal in je 30-Sekunden-Abstand (und immer brav die Glastür abdecken dabei).

Wir reduzieren die Temperatur auf 245º C und lehnen uns vorfreudig zurück. Nach circa 8 bis 9 Minuten sollten unsere Baguettes angefangen haben eine hübsche braune Farbe anzunehmen. Jetzt ist der perfekte Augenblick gekommen, um unser Bratenthermometer in die Mitte eines Baguettes reinzuschieben. Das Brot sollte noch 10-20 Minuten brauchen bis es fertig gebacken ist. Die Endfarbe sollte auf jeden Fall zu kräftigerem Goldbraun tendieren. Die Innentemperatur sollte mindestens 95-96 Grad betragen – seid aber auch nicht erschrocken wenn diese weiter ansteigt solange das Brot äußerlich nicht braun genug ist, irgendwo bei ca. 100-105 Grad wird sich die Innentemperatur einpendeln und nicht weiter ansteigen...

Die Brote sollten etwa 20-30 Minuten lang auf einem Rost abkühlen bevor wir uns darauf stürzen... Das ist definitiv der schwierigste Part!

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

haha, bei mir hat heute nacht auch ein hefeteig im kühlschrank mainzelmässig vor sich hingearbeitet und eben wurde das focaccia von deliciousdays dann gebacken. SUCHT!
gleiches prinzip wie bei deinem hammerbaguette, wenig zutaten, wunderwirkung durch die nacht im kühlschrank. LECKER! (ich habs mit knoblauchscheiben, schwarzen oliven, frischen rosmarin, meersalz und pfeffer gepimpt)
ich hab mehr brot als salat gegessen grad ;)

Anonym hat gesagt…

@Anne: Au ja, lecker! Man kann diesen Teig hier auch für Pizza/Focaccia benutzen...

Umm, Du & Nicoles Post habt gerade meine Lust auf Focaccia geweckt...

Wir hatten jetzt am Wochenende wieder zwei von diesen Baguettes, hach! Ich habe mir erntshaft mal vorgenommen das gesamte "Bread Baker's Apprentice" nachzubacken... :0)

LG!

Anonym hat gesagt…

ich fliege am Dienstag nch Chicago - ich glaub, das Buch werde ich mir dort auch direkt kaufen (neben Millionen anderen Büchern - Übergewicht, ich hör Dir trapsen ;)

Anonym hat gesagt…

Neiiiiiiiiiiiiiid!!!

Haha, dann mache ich Dir noch eine "übergewicht, ick hör Dir trapsen"-Empfehlung: "Essentials of Baking" von Williams Sonoma (das ist eine US Firma für Kochutensilien, die machen traumhaaaafte Kochbücher...!), datt Ding ist so dermassen "mind-blowing"...

Anonym hat gesagt…

Super super lecker!!! Danke für das Rezept!!

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